Back to Europe

Ich war wirklich großer Fan von Perry Saturn und ich mochte seinen Stil und seine Ausstrahlung wirklich sehr, aber bei der World Wrestling Federation machte man irgendwie alles falsch mit ihm. Bei den Radicalz kümmerte man sich zu stark um die anderen drei Namen, nach dem Split verpasste man ihm das denkbar untalentierteste und unerotischste Valet, was in der Liga herumlief. Der Mop setzte dem ganzen die Krone auf. Und auch der European Title war durch Saturn’s damaliges Standing von einem ansehnlichen Midcard-Titel wieder zur Krone der Belanglosen geworden. Saturn blieb da kein Ausrutscher, denn weiter ging es im so bewährten vier-Wochen-Rhythmus. Der nächste Kandidat auf der Liste war Al Snow. Ein Mann, der durchaus mal gut war – genau wie Saturn – aber zu diesem Zeitpunkt im Sumpf der Ideenlosigkeit der Booker langsam aber sicher versank. Bei einer Smackdown-Ausgabe bezwang Al Snow Perry Saturn und wurde damit zum mittlerweile fünfzehnten Nicht-Europäer, der den European Title gewann – Davey Boy Smith stand dem immer noch als alleiniger Europa-Vertreter gegenüber. Snow gab man mit dem Gewinn des Gürtels aber nicht nur das physikalische Objekt und das zweifelhafte Statussymbol, nein, man gab ihm auch gleich ein neues Gimmick, welches auf dem Gürtel beruhte. Saudämlich, aber endlich ging es mal wieder um Europa. So warf sich Al Snow von Woche für Woche in ein anderes europäisches Outfit und ließ sich als Anwohner des jeweiligen Landes ankündigen. Welche das waren, kann man sehr gut in der Einleitung dieser Reihe nachlesen – ungefähr an der Stelle, an der ich die ganzen amerikanischen Vorurteile gegenüber der europäischen Länder aufzählte. Nicht zu vergessen der Auftritt als Deutscher – glücklicher Weise im Klischee-Outfit des Bayern. Vermutlich weigerte sich Snow, sich die Haare für diesen Auftritt zu rasieren.

Nunja, das Spiel trieb man ganze sechs Wochen und es interessierte irgendwann wirklich niemanden mehr, ob Al Snow nun als nächstes als Pole, Schweizer oder Norwege durch das Hallentor spazierte. Die Europa-Klischees waren aufgebraucht, also musste ein neuer Champion her. Und Gott des Wrestlings – man erhörte Dich. Die Erlösung kam aus England, aus Europa. Die Erlösung trug den Namen William Regal. Zwar war Regal wie so oft in seiner WWF/E-Karriere lange nicht in dem Status, dem ihm gebührte, aber trotzdem war seine Regentschaft endlich mal wieder eine Aufwertung des Goldes, nachdem es durch die Snow’schen Comedyauftritte nicht mehr als ein buntes Stück Metall war, dass einen Mann rechtfertigte, dümmliche Klamotten zu tragen. Regal holte den Gürtel zurück nach Europa. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn er trug ihn in die Europa-Tournee, die die World Wrestling Federation Ende 2000 veranstaltete. Es war eine Frage der Ehre, das Regal sein Gold in seinem Lande verteidigte und so tat er auch am 02.12. in der englischen Stadt Sheffield. Mehr als drei Jahre, nachdem der European Title auf europäischen Boden wechselte, schaffte es Crash Holly William Regal auf heimischen Bodem zu bezwingen und sich fortan European Champion zu nennen. Niemanden brauche ich sagen, dass dieser Umstand gleichzusetzen war mit der Erkenntnis, dass William Regal als Champion wohl als positiver Ausrutscher beim konsequenten Abstieg des Gürtels in Richtung Bedeutungslosigkeit war. Crash Holly war Champion. Doch es war eine Tour – und wie es sich für Titelwechsel bei Touren gehört: Was auch immer während der House Shows passiert, am Ende wechseln alle Gürtel wieder da hin, wo sie auch zu Beginn der Reise waren. Zwar passte dieser Leitspruch dieses Mal nur bedingt, da man sich zwei Tage später wieder auf amerikanischem Boden befand – was aber zählte war, dass sich Regal das Gold zurückholte. Warum man ihn das Gold erst zu Hause verlieren ließ und dann auch noch gegen einen Crash Holly, bleibt wohl ein auf ewig ungelöstes Rätsel.

Regal konnte den Gürtel über den Jahreswechsel hinaus sein Eigen nennen und just als man den Holly-Schreck überwunden hatte, stand schon die nächste Titelverteidigung des Engländers auf dem Plan. Bei RAW trat William Regal gegen Test an – ihr erinnert Euch, das ist dieser Typ mit den vielen Adern, der Anfang des Jahres aus der ECW entlassen wurde. Test gewann und es interessierte wieder einmal niemanden. Einmal mehr kürte man jemanden zum European Champion, der lange keinen Champion-Status besaß, weder im Ring, noch vom Standing oder gar bei den Fans. Der Titel war wieder einmal nur Mittel zum Zweck. Immer wenn ein Mann ein wenig in Richtung Midcard gepusht werden sollte, man aber nicht wirklich Lust hatte, das über eine Storyline oder eine interessante Fehde umzusetzen, tja, dann gab man ihm halt den European Title. Und genau so kam es mir beim Titelgewinn von Test vor.


Das ist vielleicht Deine Meinung, Mann!